Ausstellungsbild








Wilhelm Morat

Papierobjekte

Der Winzerhof Ebringen lädt Sie und Ihre Freunde herzlich ein zur Eröffnung der 61. Ausstellung „Zeitgenössische Kunst im Dreiländereck“

Begrüßung:
Hans Benesch, Künstler Galerie der WG Ebringen

Vernissage Freitag 15.01.10,
19.00 Uhr

Ausstellungsdauer:
15. Januar 10 – 23. März 10


Öffnungszeiten:
Montag - Freitag 9.00 - 12.00 und 13.30 - 18.00 Uhr
Samstag 9.00 bis 12.30 Uhr

Zu meiner Arbeit 

WILHELM MORAT „FLAXION“

Papierobjekte aus Flachsfaser

 

Folge deinem Herzen, solange du lebst,

tue nicht mehr, als verlangt wird.

Verkürze nicht die Zeit der Muße,

denn deinem Ka ist es ein Greuel,

wenn du nicht auf die Stimme deines Herzens hörst.

 

Vergeude nicht den Tag

durch übertriebene Sorge für dein Haus.

Was auch geschieht, folge deinem Herzen.

Die Dinge gedeihen nicht besser,

wenn du es vernachlässigst.

 

Ptahhotep

 

Dieser Ausspruch, der uns so zeitgenössisch, so nahe und manchem wohl auch als Lehrspruch für das heute erstrebte oder erwünschte Lebensgefühl erscheint, ist über 3000 Jahre alt. Er steht auf einem ägyptischen Papyrus als Anweisung für ein richtiges Leben in Schönheit. Und wie weise erscheint es hier gerade in dieser besonderen Galerie im Turm in Donaueschingen, in der sich das Wissen aus Büchern so wunderbar auf engstem Raum immer wieder mit Überlegungen zeitgenössischer Kunst verbindet und sinnfällig macht, was so häufig vergessen und doch so selbstverständlich ist, dass beide, das geschriebene Abbilden und darstellen, wie das bildende Erschaffen, jeweils Versuche sind, das Wesen der Dinge und der Welt zu erfassen, darzustellen, zu hinterfragen und Erkenntnisse mitzuteilen.

 

Mit den Arbeiten Wilhelm Morats gerade hier an dieser Stelle sind diese Überlegungen auf das feinsinnigste zusammen geführt, denn sie sind aus Papier geschaffen. Papyrus, Papier,- das seit alters her dazu dient, erlerntes Wissen über Generationen zu erhalten und aufzubewahren. Dieses Material, das aus natürlichen Rohstoffen gewonnen wird und bei dem sich die Frage stellt, ob seine Gewinnung wirklich eine Erfindung des Menschen ist. Wie Leonardo da Vincis Überlegungen zu im Fall rotierenden Flugsamen letztlich zu den Rotoren eines Hubschraubers führen, so hinterfragte der Künstler Wilhelm Morat die Ursprünge der Papiergewinnung als er im Rahmen eines museumspädagogischen Projektes zusammen mit Kindern die Ausflockungen untersuchte, die im Sommer ganz natürlich am Ufer so manch fließenden Gewässers entstehen.

 

So wandeln  seine Arbeiten feinsinnig und sensibel auf dem schmalen Grat zwischen Erschaffenem und sich Erschaffendem. Auf dieser Ebene, die den Ursprung unserer kulturellen Entwicklung bildet, stellt er mit seinen Werken Fragen, die sie selbst zu beantworten scheinen und die wechselseitige Beeinflussung von Natur und Technik stößt sein Werk in einer stetigen Weiterentwicklung voran. Die Schaffung seines eigenen Werkstoffes wurde ihm Voraussetzung für sein Werk. In einer frühen Landart- Arbeit  grenzte Wilhelm Morat ein Feld ab und säte Lein, danach ließ er die Natur mit Wind und Wetter, Sonne und Regen ihre Kräfte walten. Am Ende lag ein fragiles, natürliches Papiergespinst über der Erde.

 

Diesem Prozess der Veränderung, Umwandlung, letztlich Wandlung spürte Wilhelm Morat von da an systematisch nach. Er nimmt Flachs- oder Hanffasern, mahlt sie, stellt Faserbreie her und schöpft Papier.  Er baute Schöpfsiebe, um großformatige Papiere herstellen zu können und beobachtet die Kräfte und Spannungen, die bei Trocknungen entstehen.

Dies allein wären wissenschaftliche, technische, vielleicht handwerkliche Überlegungen. Erst derjenige, der die Welt und ihren Gang begreifen und verändern will, der in natürliche Prozesse eingreift, um sie in ihrem Wesen, nicht in ihrem Sein abzubilden, kann sich Künstler nennen. Und ein Künstler, der gestalten will, der Prozesse wesenhaft abbilden möchte, um neue Blicke und Einblicke, Sichten und Einsichten zu provozieren, ist der Künstler Morat.

 

Seine Arbeiten nennt er in dieser Zusammenstellung- so der Ausstellungstitel: Flaxion“ und bezieht sich damit auf das Wesen der hier gezeigten Werke. Flachs ist das Material, aus dem er sie schuf und der Begriff Flexion, lateinisch „flexio“, meint Biegung, Beugung.

 

Für die Torsi, aus dem Lateinischen Torso „Strunk, Stumpf“, deren Werkgruppenbezeichnung sich auf verletzte antike Plastiken und Rodins Mut zum neugeschaffenen Torso, zum von vorneherein  als verletzt dargestellten Körper bezieht, werden zwischen noch nasse Papierblätter verschieden starke Kupferdrähte in jeweils unterschiedlicher Anordnung gelegt und auf dem Vakuumtisch  mit der Papiermasse verbunden. Wenn das Papier später trocknet, biegt es die eingearbeiteten Drähte mit. Das vermeintlich fragile, schwächere Material obsiegt über das geglaubt festere, starrere in naturprozesshafter Entwicklung. Dies gilt auch für die Farbigkeit mancher Werke. Sie erfolgt nicht nachträglich, wie es uns von antiken Plastiken oder mittelalterlichen Kirchen vertraut ist, sondern Wilhelm Morat arbeitet bereits im Werkprozess verschiedenfarbige Papierflussschichten ein, das Pigment wird an die nassen Fasern gebunden und bei der Trocknung sacken die unterschiedlichen Farbschichten ab oder treten an die Oberfläche und es entsteht ein lebendiger, subtiler Farbverlauf, der bisweilen an Marmor gemahnt.

 

So korrespondieren hier vom Künstler geschaffene Plastiken, papierne Arbeiten mit erstaunlicher Leichtigkeit und Direktheit mit Assoziationen zu krabbelnden Tieren oder flatternden Draperien und treten in ihrer Bewegtheit in den Dialog mit den hier in Donaueschingen allgegenwärtigen barocken Plastiken. Auch hier werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Natur und Technik, Material und kultureller Entwicklung in feinsinniger Arbeit zusammengesponnen und aufgedeckt. Die Arbeiten scheinen über unser dreidimensionales Raumverständnis hinausweisen zu wollen und  vielleicht gar zu können. Wie Lucio Fontana einst die Leinwand zerschlitzte, um eine Blick auf die Unendlichkeit von Raum und Zeit zu erhaschen, so öffnen und schließen, bewegen und schwingen Wilhelm Morats Arbeiten in sich und im Raum. So sind sie zugleich geprägt von spielerischer Leichtigkeit, laden zum ruhenden verweilen ein- zu Muße und Reflexion. Sie sind damit letztlich von den alten Papyri, die den Zeitgenossen als Anleitung für eine Lebensführung in Schönheit dienen sollten, nicht so weit entfernt.

 

Denn wissen Sie noch? –

 

Folge deinem Herzen, solange du lebst,

tue nicht mehr, als verlangt wird.

Verkürze nicht die Zeit der Muße,

denn deinem Ka ist es ein Greuel,

wenn du nicht auf die Stimme deines Herzens hörst.

 

Vergeude nicht den Tag

durch übertriebene Sorge für dein Haus

was auch geschieht, folge deinem herzen.

Die Dinge gedeihen nicht besser,

wenn du es vernachlässigst.

 

 

Dr. Anja Rudolf, Donaueschingen im Juni 2009

(Einführung in die Ausstellung:

Wilhelm Morat Flaxion in der StädtischenGalerie)

 

 

 

Wilhelm Morat: Vita

geboren 1954 in Neustadt, 1973 bis1977 Kunststudium in Freiburg, Schwerpunkt Bildhauerei bei Erwin Wortelkamp, seit 1981 freischaffender Papierkünstler, lebt in Titisee-Neustadt und arbeitet international.

 

Preise und Stipendien 

1984 erster Preis der Stadt Kiel; 1986 Preis für Objektkunst des Kunstvereins Filderstadt; 1993 Preis der internationalen Triennale der Papierkunst im Museum Charmey, CH; 2001 erster Preis Kunst am Bau, Friedenskirche Freiburg;

2002 Projektstipendium der Kulturstiftung der Sparkasse Stormarn.

Einzelausstellungen (Auswahl)

 

2009   
„Sinnflut“, Kunstforum Hochschwarzwald

„FLAXION“ Städtische Galerie im Turm, Donaueschingen

„Alles im Fluss“ Kunstwerksta(d)tt, Laufenburg

2008     „Naturreflexion“ Kunstverein Hockenheim;

„flaxibility“, Galerie im Griesbad, Ulm

„leicht“, Galerie Keller, Mannheim

2007   
„Der Tisch ist gedeckt“, Kunstverein Böblingen;

„Verflechtungen“,  Papiermuseum Gleisweiler

2006  
„TransFormantion“, Städtische Galerie Lahr;

„Naturreflexion“, Städtische Galerie Weil am Rhein (K)

2005  
„weiss“, Skimuseum Hinterzarten 

„Dreifelderwirtschaft“, Hans-Thoma Museum, Bernau;

„changing pages“, Städtische Galerie, Waldshut-Tiengen

„Faserlaub und Farbstaub“,Kunstforum Waldkirch

„Dekorkomfort“, Kunstforum Hochschwarzwald

2004  
„translation“, Katholische Akademie der Erzdiözese Freiburg;

„lost in translation“, Galerie im Ganserhaus, Wasserburg am Inn       

„Kunst und Tracht“, Kunstverein mittleres Kinzigtal

„TransFormation“, Galerie im GENO-Haus, Stuttgart

2003  
„Metamorphosen“, Städtische Galerie Geislingen an der Steige

2002  
„Orte Räume“, Villa Bosch, Kunstverein Radolfzell,

„Wuschel und Geflechte“, Galerie Papierwespe, Wien

2001  
„Papierobjekte“, Kunstverein Kirchzarten

Wilhelm Morat, Podium Kunst, Schramberg

2000  
„MP“, Museum und Galerie der Stadt Engen

1999
„Das kleine Holz“, Kunstforum Hochschwarzwald;

 „Grascontainer“ Museum der Stadt Waiblingen (K)

1997  
Galerie „art at work“, Freiburg

1993  
„Papier im Quadrat“, Galerie im roten Haus, Lenzkirch

Städtische Galerie Löffingen

1989  
„Farbe, Ton, Papier“, Städtische Galerie Freiburg

1983   
Galerie Wallenfels, Kiel; One man show,

Galerie Koch, Kieler Kunstwochen, Ostseehalle, Kiel



Gruppenausstellungen (Auswahl)

 

2009   
Haus der modernen Kunst, Galerie K, Staufen/Grunern; 
„Grenzgänge“ Kunstdorf-Unterjesingen, Tübingen

„Papierkunst“, Kunstverein Hohenlohe, Langenburg

„Schwarzwaldbild 4“, Kunstverein Haslach

56. Jahresausstellung, Kunstverein Villingen-Schwenningen

2008   
„schwerelos“, Galerie Netuschil, Darmstadt

„papier=kunst 6“, Neuer Kunstverein Aschaffenburg (K); 

Internationale Triennale der Papierkunst, Museum Charmey CH (K)

2007 
Regionale 07“Donaueschingen (K);

„Faszination Papier“, Alte Schranne, Kunstverein Nördlingen

2006   
„3 x Papier“, Kunstforum Weil der Stadt;

2005   
„geflochten“, Kulturmühle Lützelflüh, Burgdorf, CH (K);

„Chiemsee-Art“, Pittenhart (K);

„Zu Bert Brecht“, Kulturzentrum Augsburg

2004   
„Basler Regionale 5“, Städtische Galerie Weil a. R.;

„PPK“, Historical Museum of Jeongju, Südkorea (K);

„Recto verso“, Kaysersberg F (K);

2003   
„Landkunst“, Südwestrundfunk, Freiburg;

Skulpturenpark Hamburg/Ammersbek

2002   
„Paper Art Stormarn“, Städtische Galerie Bad Oldesloe (K);

„Skulpturenausstellung Rechberghausen“ (K)

2001   
Große Kunstausstellung Wasserburg am Inn (K);

„Zeitgenössische Kunst am Oberrhein“, Städtische Galerie Offenburg                                                              

„Architectures“, Kaysersberg, F, (K);

2000   
„Tanne und Baum“, Podium Kunst Schramberg (K)

1999   
„Moulins et Morin, Le Papier“, La Ferté-Gaucher, F ;

 Chemin de Sculptures, Charmey, CH ;

1998   
„ 48/49 Revolution“ , Städtische Galerie Lörrach ;

„ Sieben Akzente“, Skulpturen im Stadtgarten Freiburg

1997   
„La Balade de Séprais“, Skulpturenweg CH;  Intersalon Ceské

Budejovice, CR, (K) ; Skulpturen im Colombipark , Freiburg 

1996   
„ Internationale Papierbiennale „ Stichting Museum Rijswijk NL (K)

1995   
„Biennale Delemont“, CH (K);

1996   
„50 Jahre Kriegsende am Oberrhein“, Marienbad Freiburg;  „Schwarzwald Jetzt und Hier“ , Städtische Galerie Freiburg

1993   
„Kunstpreis Wildenstein“, Leibertingen

1992   
„Künstler bekennen Farbe“, Neuenburg, Schwäbisch Hall, Bonn (K);

„Gegenzug“, Alte Hauptfeuerwache, Mannheim

1991   
„Projekt Papier“, Mehlwaage, Freiburg

1988   
„Kunst aus Baden“, Bielefeld;

„Selest Art 88“ Selestat FR (K);

„Papierreflexion“, Städtische Galerie Waldkirch (K)

1987   
„Plastik, Objekt, Installationen“, Städtische Galerie Freiburg

1985   
„Große Kunstausstellung München“, Haus der Kunst München (K)

1981 
„Hommage á Baden-Baden“, Baden-Baden (K)